Die allererste Fotografie des Matterhorns und die ältesten im Kanton Tessin aufgenommenen Fotos: Dies sind einige der Bilder der Ausstellung Dal vero. Schweizer Fotografie des 19. Jahrhunderts, die im Museo d’arte della Svizzera italiana (MASI) in Lugano gezeigt wird, kuratiert von Martin Gasser und Sylvie Henguely. Die Ausstellung gibt einen Überblick über die ersten fünfzig Jahre der Verbreitung des fotografischen Mediums in der Schweiz und präsentiert wichtige historische Werke, die noch nie ausgestellt wurden, wie die erste Fotografie des Matterhorns und die ältesten im Kanton Tessin aufgenommenen Fotos. Die Ausstellung umfasst mehr als 400 fotografische Werke von 1839 bis 1890 aus über 60 öffentlichen und privaten Sammlungen. Die unterschiedlichen Akzente in den verschiedenen Sprachräumen und Regionen des Landes skizzieren so den progressiven Charakter und die dynamische Entwicklung des jungen Bundesstaates im Europa des 19. Die Sensation der neuen visuellen Erfahrung, der unmittelbare Austausch zwischen Kunst und Fotografie, ihre Schlüsselrolle bei der Entwicklung des Tourismus, ihre Verwendung als Zeugnis lokaler Bräuche und Traditionen sowie in Industrie und Wissenschaft sind einige der thematischen Schwerpunkte, die in der Ausstellung untersucht werden.
Spiegel mit Gedächtnis: So wurde die Daguerreotypie definiert, ein fotografisches Verfahren zur Entwicklung von Bildern auf einer Kupferplatte, einzigartig und nicht reproduzierbar. Diese Technik erreichte die Schweiz bis ins Innerste, dank der reisenden Fotografen, die mit ihren schweren Kameras klare und präzise Bilder aus dem Leben schufen. In den ersten Abschnitten der Ausstellung, die den Anfängen der Fotografie und damit auch der Daguerreotypie gewidmet sind, werden einige Schweizer Meister dieser Kunst wie der Genfer Bankier, Diplomat und Amateur Jean-Gabriel Eynard und der Graveur Johann Baptist Isenring, der für seine Daguerreotypie-Porträts in Lebensgrösse berühmt ist, vorgestellt. Es wird deutlich, dass die Fotografie in ihren Anfängen auch in der Schweiz in Bezug auf Motivwahl, Kompositionsprinzipien und Verwendung noch stark mit den anderen Künsten verflochten war, insbesondere mit der Malerei, die sie als gültige Alternative für billige Porträts ablöste. Aber auch mit der grafischen Kunst, in deren Dienst sie sich stellt. Isenring war es nämlich, der die Fotografie in der Schweiz als Vorlage für Stiche verbreitete, eine Technik, die auch von der ersten Fotografin, Franziska Möllinger, in ihren ab 1844 als Lithografien veröffentlichten Schweizer Ansichten verwendet wurde. Eine der seltenen bekannten Daguerreotypien aus dem Tessin, das Porträt eines unbekannten, elegant gekleideten jungen Mannes, der ein leuchtendes Beispiel für das aufstrebende Bürgertum ist, stammt hingegen aus dem Jahr 1842 und wurde in Lugano aufgenommen. Dank dem Blick von aussen, dem Blick der Reisenden, begann man, die Erhabenheit der Schweizer Landschaft und ihrer Berge zu verewigen. Erstaunlich ist der unglaublich moderne Schnitt der spektakulären Daguerreotypien des englischen Künstlers John Ruskin, der die ersten Fotografien des Tessins machte, wie zum Beispiel die Aufnahme eines Felsens in der Nähe des Castelgrande von Bellinzona (1858) oder 1849 die erste Aufnahme des Matterhorns überhaupt. Wenig später erwies sich die Fotografie als ein sehr wirksames Mittel für die Tourismuswerbung, was durch die Entwicklung der schweizerischen Verkehrsinfrastruktur begünstigt wurde, die mit einer Vereinfachung des fotografischen Verfahrens einherging (dank der Verwendung von Glasnegativen und Albuminabzügen). So entstanden populäre Motive und touristische “Destinationen” wie der Staubbach-Wasserfall im Lauterbrunnental, der 1863 durch das Bild des Engländers Francis Frith verewigt wurde. Ein Jahr später hielt der berühmte französische Fotograf Adolphe Braun in einem atemberaubenden Foto die endlosen Weiten des Rhonegletschers fest, der von einer Gruppe von Bergsteigern, darunter eine Frau, überquert wird.
Die Fotografie steht zwar im Dienste der internationalen Öffnung, wird aber auch zur Schaffung eineridealisierten Schweizer Identität eingesetzt, die sich von den Ausländern abgrenzen muss. Dieses Phänomen zeigt sich in der Serie Customes Suisses (um 1875) von Traugott Richard, mit Bauerntypen und Mädchen in einer Tracht, die keiner Realität entspricht. Aber früher als anderswo wird die Fotografie in der Schweiz eingesetzt, um das Fremde und das Andere innerhalb der Grenzen des Landes zu identifizieren. In der Ausstellung markiert ein einzigartiger Korpus von Porträts auf gesalzenem Papier den Beginn der so genannten Signalfotografie: Es handelt sich um Porträts von Obdachlosen und Nomaden, die 1852-53 von Carl Durheim selbst aufgenommen wurden: Menschen, die nach der Staatsgründung 1848 von einem Kanton zum anderen zogen, ohne aufgenommen zu werden. Ein weiterer Abschnitt befasst sich mit dem Beruf des Fotografen und dem Aufkommen lokaler Porträtstudios in den 1850er Jahren, ein Phänomen, das zu einer leichten Kommerzialisierung und Standardisierung der Bilder führte. Auch die Gebrüder Taeschler aus St. Gallen machten sich diese Entwicklung zunutze. Die eindrücklichste Aufnahme ist jedoch diejenige ihres Halbbruders Carl, der wie in einem Schnappschuss eine Gruppe französischer Soldaten festhält, die 1871, während des französisch-preussischen Konflikts, in der Kirche St. Mangen interniert sind.
Ein großer Abschnitt am Ende der Ausstellung beleuchtet die Rolle der Fotografie ab den späten 1860er Jahren bei der Dokumentation der Wissenschaft, der Medizin, der technischen Entwicklung sowie der städtischen und hydraulischen Entwicklung in der Schweiz. Im Bereich der Medizin findet man Emil Pricams Aufnahmen von Patienten vor und nach einer Operation oder Robert Schuchts systematische Dokumentation von missgebildeten Ohren. Der Bau der Gotthardbahn in den Jahren 1872-82, der unter anderem von Adolphe Braun selbst dokumentiert wurde, gilt als frühes Beispiel für avantgardistisches und fortschrittliches Bauen in der Schweiz des 19. Jahrhunderts. Es war ein gewaltiges Projekt, das die städtebauliche und hydraulische Entwicklung des Schweizer Territoriums nachhaltig verändern sollte.
Teil der Ausstellung sind auch ein Video mit Interviews mit dem Kurator Martin Gasser und der Kuratorin Sylvie Henguely sowie ein Video über Daguerreotypien und fotografische Techniken mit der Restauratorin Sandra Petrillo.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation in deutscher und französischer Sprache im Steidl Verlag, Göttingen.
Die Ausstellung ist eine Koproduktion mit der Fotostiftung Schweiz, Winterthur und Photo Elysée, Lausanne, und findet im MASI Lugano im LAC statt.
Lugano, im MASI eine Ausstellung über die Geschichte der Verbreitung der Fotografie in der Schweiz |
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