Egon Schiele, der Künstler von finis Austriae. Leben, Werke, Stil


Egon Schiele war neben Gustav Klimt und Oskar Kokoschka einer der Protagonisten der Wiener Sezession. Leben, Stil, Hauptwerke.

Egon Schiele (Tulln an der Donau, 1890 - Wien, 1918) war ein österreichischer Maler, Zeitzeuge und Kantor der “finis Austriae”. Zusammen mit den Malern Gustav Klimt und Oskar Kokoschka prägte er die europäische Kunstszene, indem er die Wiener Secession wieder ins Rampenlicht rückte.

Obwohl sich Schiele als Fortsetzer der Kunst Klimts präsentierte, wie es die nüchterne Eleganz seiner Akte auf den ersten Blick vermuten lässt, unterschied er sich bald von seinem Meister durch die Kantigkeit seiner Formen und die Vibration seiner Zeichen. Schieles Körper und Figuren weisen eine Trockenheit und Kargheit auf, die die Entwicklungen desdeutschen Expressionismus vorwegnehmen, einer künstlerischen Bewegung, die mit der Dresdner Gruppe Die Brücke ihren Anfang nahm.



Egon Schiele
Egon Schiele

Leben von Egon Schiele

Schiele wurde am 12. Juni 1890 in Tulln an der Donau, in Niederösterreich unweit von Wien, auf einem Bahnhof geboren, wo sein Vater Adolf Schiele als Bahnhofsvorsteher arbeitete. Die Geschichte seines Vaters war für die Charakterbildung des Künstlers von großer Bedeutung: Er starb früh an einer Geisteskrankheit; dieses Ereignis prägte die Kindheit des Malers, seine Art, die ihn umgebende Wirklichkeit zu sehen und wahrzunehmen, und damit auch sein Werk zutiefst. Nach dem Tod des Vaters wurde Schiele seinem Onkel Leopold Czinaczek anvertraut , einem wohlhabenden Mann, der sein künstlerisches Talent erkannte und deshalb seine Ausbildung förderte.

Im Jahr 1906, im Alter von sechzehn Jahren, beginnt Egon Schiele sein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Die Stadt befand sich zu dieser Zeit in einem starken kulturellen Aufschwung. Reich und anregend, dynamisch in seinem intellektuellen Angebot, war Wien lebendiger denn je und zudem durch die Präsenz der Unabhängigkeitsbewegungen erschüttert. Der Besuch von Kursen an der Wiener Akademie erwies sich für die Entfaltung des Genies des Künstlers als nicht sehr nützlich, der sich durch den Druck einer eher traditionellen und akademischen Forschung eingeengt fühlte. So begann Egon Schiele, sich außerhalb des akademischen Bereichs nach anregenderen Umgebungen umzusehen, wie zum Beispiel die Wiener Cafés, die Treffpunkte für extravagante und experimentierfreudige Persönlichkeiten waren. Im Café Museum in Wien hatte Schiele seine wichtigste Begegnung mit dem Maler Gustav Klimt, bei dem er seine persönlichen künstlerischen Forschungen begann. Die beiden wurden auch enge Freunde und schätzten sich gegenseitig. Sie teilten das Interesse an der Figuration des Aktes und der Darstellung von Sexualität. Schiele konzentrierte sich stark auf die menschliche Figur und nahm die dekorative Tendenz von Klimt auf. Die Nähe zum Meister der Wiener Sezession verschafft dem Künstler einen gewissen Kundenkreis, er lernt Mäzene und Sammler kennen, die sich sofort von seinen Werken angezogen fühlen. Dies sicherte ihm eine gewisse wirtschaftliche Stabilität.

So hatte Schiele 1903 seine erste Einzelausstellung in der Wiener Werkstätte, die von dem Architekten Joseph Hoffmann und dem Grafiker Koloman Moser gestaltet wurde. Dem Künstlerkreis lag die Idee des Gesamtkunstwerkes zugrunde. In seinen frühen Werken finden sich bereits alle Elemente, die den Stil ankündigen, für den er später ikonisch wurde: sehnige, trockene Linien, die erotisch anmutende Akte bilden. 1909 stellte er erneut in einer Gruppenausstellung auf der Kunstschau aus und gründete im selben Jahr mit anderen Künstlern die Neukunstgruppe, mit der er sich vom Jugendstil Klimts löste. Schiele entwirft auch ein theoretisches Manifest für die neue Gruppe: "Der Künstler der Neukunstgruppe muss unbedingt er selbst sein, er muss ein Schöpfer sein, er muss in der Lage sein, seine eigenen künstlerischen Grundlagen zu schaffen, ohne das gesamte Erbe der Vergangenheit und der Tradition zu benutzen". Der Künstler stellte auch im berühmten Salon Pisko aus, wo auch Erzherzog Franz Ferdinand anwesend war, ohne sich für seine Werke zu interessieren.

Von 1910-11 pendelt Schiele zwischen Südböhmen und dem Wiener Umland; in dieser Zeit erlebt er auch das Gefängnisleben.

In dieser Zeit erlebte er auch eine lebenslange Haftstrafe wegen des Vorwurfs der Belästigung und Entführung, aber eigentlich mehr wegen des Inhalts seiner Werke, die von den damaligen Behörden als pornografisch und sexuell explizit angesehen wurden. Sein Tagebuch aus dem Gefängnis wurde erstmals 1922 veröffentlicht, in dem er diese Erfahrung schildert. 1913 kehrte der Maler endgültig in die Stadt zurück, wo er mit Hilfe seines Freundes Gustav Klimt wieder auf dem Kunstmarkt Fuß fassen konnte. 1914 heiratet der Maler sein drittes und letztes Modell, die Ehe bringt ihm eine Gelassenheit, die sich in seinen Bildern niederschlägt und visuell spürbar wird.

Gerade als Schiele sich auf dem Kunstmarkt etablieren wollte, brach der Erste Weltkrieg aus. In der Folge nimmt er an der neunundvierzigsten Ausstellung der Wiener Sezession teil und stellt auch in anderen Städten aus. Trotz der Nachwehen des Krieges war dies eine Zeit großer Stabilität, was sich auch in der Produktion der Gemälde widerspiegelt. Leider wurde 1918 auch Wien von derSpanischen Grippe heimgesucht, der seine im sechsten Monat schwangere Frau Edith und Egon Schiele selbst nur drei Tage später zum Opfer fielen.

Egon Schiele, Selbstbildnis (1910; Bleistift, Kohle, Pinsel und Gouache auf Papier, 558 x 367 mm; Wien, Albertina)
Egon Schiele, Selbstbildnis (1910; Bleistift, Holzkohle, Pinsel und Gouache auf Papier, 558 x 367 mm; Wien, Albertina)
Egon Schiele, Männlicher Akt mit rotem Band um die Hüften (1914; Bleistift, Aquarell und Tempera auf Papier, 480 x 320 mm; Wien, Albertina)
Egon Schiele, Männlicher Akt mit rotem Band um die Hüfte (1914; Bleistift, Aquarell und Tempera auf Papier, 480 x 320 mm; Wien, Albertina)
Egon Schiele, Sitzende Frau mit gebeugtem Knie (1917; Zeichnung; Prag, Nationalgalerie)
Egon Schiele, Sitzende Frau mit gebeugtem Knie (1917; Gouache auf Papier, 460 x 305 mm; Prag, Nationalgalerie)

Stil und Poetik von Egon Schiele

Egon Schiele war ein produktiver Maler von Gemälden und Aquarellen, und zwar ein gequälter, der Erfolge, aber auch schwierigere Phasen erlebte, darunter Skandale und Verbannung aus der Gesellschaft aufgrund des Inhalts vieler seiner Werke, die oft von expliziter Erotik geprägt waren. In seinem kurzen Leben, das wie das des Malers Gustav Klimt durch die Epidemie von 1918 verkürzt wurde, war er eine führende Figur desösterreichischen Expressionismus. Es handelt sich um eine ästhetisierende Bewegung, die von Deutschland ausging und sich in Österreich verbreitete, wobei sie sich allmählich mit dem einheimischen sezessionistischen Symbolismus, der in Klimt seinen Hauptvertreter fand, vermischte.

In Schieles Werk zeigt sich der Einfluss der sezessionistischen Erfahrung darin, dass der Expressionismus seine Vehemenz beibehält, aber eine Vorliebe für Preziosen einschließt , eine formale Art der Dekoration, die den Werken ihren ästhetisierenden Schleier verleiht. Im Gegensatz zum deutschen Expressionismus wird der österreichische Expressionismus auf der Suche nach einer Verfeinerung des Zeichens angewandt, wobei die gewaltsame Farbwiedergabe beiseite gelassen wird.

Auch die Themen, die angesprochen werden, sind anders und lösen sich im Ausdruck von intimen und subjektiven Erfahrungen auf. Diese Themen werden oft mit einer offensichtlichen Sensibilität behandelt, die an Verzweiflung grenzt. Zu den untersuchten Aspekten gehört auch die Anprangerung von Situationen, die für die Realität der Zeit bezeichnend sind, Umstände, die die österreichischen Expressionisten durch die Erforschung des Bewusstseins und des Unbewussten anprangern, Gebiete, in denen die Spannungen der zeitgenössischen Gesellschaft nachhallen. In dieser Forschung konzentrierte Schiele sein Interesse zunächst auf die menschliche Figur, wobei er sich von Klimt die Inspiration für die dekorative Komposition holte, das Interesse an grafischer Raffinesse, wie es in einigen Zeichnungen zu sehen ist, in denen Stoffe oft florale Motive wiedergeben, die dem Werk Klimts nahe stehen.

Im Allgemeinen sind Schieles Gemälde stets von emotionaler Spannung geprägt. Auf einem Gemälde aus dem Jahr 1910, dem Selbstporträt, gibt der Maler seine ganze Unruhe in nicht sehr farbenfrohen Pinselstrichen wieder, aber mit einem prägnanten Strich. Die Linearität der Figur ist trocken und kantig, das Gesicht mit wenigen Strichen definiert, aber deutlich zu einer Fratze zusammengezogen, die die ganze Angst und Unzufriedenheit wiedergibt. In diesen Jahren schuf Schiele viele Figurenstudien, wobei er seinen eigenen Körper im Spiegel als Modell benutzte: Neben den Selbstporträts sind viele Zeichnungen erhalten geblieben, die eine Übung in der expressionistischen Bildsprache von Figur und Körper darstellen. Der Körper ist vom modernen Tanz inspiriert, die Innerlichkeit manifestiert sich in verkrümmten Gesten, knochigen Körperformen, unerwarteten Winkeln und Perspektiven. Der männliche Akt mit der roten Schärpe um die Hüften, ein Aquarell von 1914, das in der Albertina in Wien aufbewahrt wird, ist in dieser Hinsicht sehr passend.

Schieles künstlerische Produktion konzentriert sich vor allem auf die weibliche Figur, darunter Aktzeichnungen und Porträts von magnetischen, intensiv anziehenden Frauen: In Sitzende Frau mit gebeugtem Knie (1917) sprengt der Blick des Mädchens die materielle Begrenzung der Leinwand, indem er den Betrachter befragt und einlädt, der sich von ihr angezogen und in sie hineingezogen fühlt.

Ein Großteil der Inszenierung ist dann der Darstellung intimer Momente des Paares gewidmet, die im tiefsten Austausch gefangen sind. Schieles Temperament, die Gesellschaft seiner Zeit herauszufordern und zu provozieren, lässt sich in seiner Papier- und Bleistiftarbeit Zwei sich umarmende Frauen von 1915 nachvollziehen, die mitten im Zweiten Weltkrieg entstand. Die Darstellung von Körpern und ihrer inneren Zerrissenheit ist nie nur eine Erkundung menschlicher Bewegungen, sondern auch eine Provokation und eine Manifestation des Zeitgeschehens.

In dem Gemälde Der Tod und das Mädchen (1915-1916) stellt Schiele sich selbst zusammen mit seiner Geliebten Wally in einem Moment großer Traurigkeit aufgrund ihrer Entscheidung zur Trennung dar. Die Klimt’sche Linearität verwandelt sich hier in ein übertriebenes Ineinandergreifen von dürren Formen und nervösen Zeichen. Die dem deutschen Expressionismus nahestehenden Farben sind hier auf wenige düstere Töne reduziert und ohne materielle Dichte, aber funktional, um das Gefühl der Verzweiflung, das die Szene durchdringt, zu verstärken. Oben ist ein Laken, fast ein Leichentuch, zerknüllt und über den steinigen Boden geworfen. Die junge Frau umklammert die dunkle Skelettfigur in einer tödlichen Umarmung, die sowohl eine Wiederholung des Dualismus zwischen Eros und Thanatos (Liebe und Tod) ist, ein Thema, das dem Symbolismus sehr am Herzen liegt, als auch eine Metapher für die historische Situation Österreichs, das sich nun dem Ende des Reiches nähert. Unter den Szenen mit intimen Paaren befindet sich auch die berühmte Umarmung von 1917, die im Belvedere in Wien ausgestellt wurde.

Egon Schiele, Der Tod und das Mädchen (1915-1916; Öl auf Leinwand, 150 x 180 cm; Wien, Österreichische Galerie Belvedere)
Egon Schiele, Der Tod und das Mädchen (1915-1916; Öl auf Leinwand, 150 x 180 cm; Wien, Österreichische Galerie Belvedere)
Egon Schiele, Umarmung (1917; Öl auf Leinwand, 100 x 170 cm; Wien, Österreichische Galerie Belvedere)
Egon Schiele, Umarmung (1917; Öl auf Leinwand, 100 x 170 cm; Wien, Österreichische Galerie Belvedere)
Egon Schiele, Zwei sich umarmende Frauen (1915; Gouache, Aquarell und Graphit auf Papier, 476 x 318 mm; New York, Metropolitan Museum)
Egon Schiele, Zwei sich umarmende Frauen (1915; Gouache, Aquarell und Graphit auf Papier, 476 x 318 mm; New York, Metropolitan Museum)

Wo sind die Werke von Egon Schiele zu sehen?

Der größte Teil des malerischen Schaffens von Egon Schiele befindet sich in Wien: DieUmarmung ist im Museum Belvedere zu sehen, ebenso wie der Tod und das Mädchen und andere Porträts.

In der Albertina in Wien ist das Selbstbildnis von 1910 ausgestellt, und in der Graphischen Sammlung der Albertina ist der Männliche Akt mit roter Schärpe um die Hüften erhalten. Ebenfalls in Wien beherbergt das Leopold Museum zahlreiche Gemälde des Malers, darunter das berühmte Selbstbildnis mit Alchechengi (1912) und das Porträt von Wally Neuzil (1912).

Wenn man Wien verlässt, kann man in der Nationalgalerie Prag die Sitzende Frau mit gebeugtem Knie von 1917 bewundern. In Übersee wird in der National Gallery of Art in Washington ein umfangreicher Bestand an grafischem Material mit verschiedenen Porträts des Malers aufbewahrt.

Egon Schiele, der Künstler von finis Austriae. Leben, Werke, Stil
Egon Schiele, der Künstler von finis Austriae. Leben, Werke, Stil


Achtung: Die Übersetzung des italienischen Originalartikels ins Deutsche wurde mit Hilfe automatischer Tools erstellt. Wir verpflichten uns, alle Artikel zu überprüfen, aber wir garantieren nicht die völlige Abwesenheit von Ungenauigkeiten in der Übersetzung aufgrund des Programms. Sie können das Original finden, indem Sie auf die ITA-Schaltfläche klicken. Wenn Sie einen Fehler finden, kontaktieren Sie uns bitte.